Wasserkraft als Schlüssel zur nachhaltigen Wärmeversorgung

Fachtagung in München zeigt Potenziale und Lösungen auf

Das wachsende Interesse an der Nutzung von Wasserkraft zur Wärmeerzeugung zeigte sich deutlich in der großen Nachfrage nach der Fachtagung „Integration von Wasserkraft in die regionale Wärmeversorgung“ am 6. Februar in der IHK für München und Oberbayern. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand Integration von Flusswärmepumpen für eine klimafreundliche Wärmeversorgung. Über 120 Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Ministerien und Verbänden tauschten sich intensiv über die technischen, wirtschaftlichen und ökologischen Aspekte dieser innovativen Nutzung aus.

Flusswärmepumpen: Unterschätzte Ressource für die Wärmewende

Eine aktuelle Studie der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) vom April 2024 zeigt , dass mindestens die Hälfte der bayerischen Städte und Gemeinden Flusswärmepumpen in ihre Wärmeplanung einbinden können. Der jährliche Wärmebedarf bayerischer Haushalte und des Gewerbes liegt bei rund 150 Terawattstunden (TWh). Berechnungen belegen, dass dieser Bedarf bereits gedeckt werden könnte, wenn dem Wasser der Flüsse erster und zweiter Ordnung lediglich 1,5°C Wärme entzogen würde.

Vielversprechende Perspektiven eröffnen sich auch über Bayern hinaus: Dr. Christian Seidel von der TU Braunschweig stellte die Ergebnisse seiner Studie „Das Fließgewässerpotenzial in 80 deutschen Großstädten“ vor. Seine Untersuchung zeigt, dass über 70 % der deutschen Großstädte mehr als die Hälfte ihres Wärmebedarfs durch Aquathermie decken könnten. Diese Erkenntnisse unterstreichen das enorme Potenzial von Fließgewässern für eine nachhaltige Wärmeversorgung.

Ähnlich wie Grundwasser weisen Flüsse geringere Temperaturschwankungen als die Außenluft auf, was die Nutzung für Wärmepumpen besonders effizient macht. Zudem haben sich Fließgewässer durch den Klimawandel bereits um bis zu 2°C erwärmt. Durch die Entnahme von Wärme kann das ökologische Gleichgewicht stabilisiert oder wiederhergestellt werden.

Wasserkraftwerke als ideale Standorte

Wasserkraftwerke bieten ideale Voraussetzungen für die Integration von Flusswärmepumpen. Das IB Pfeffer präsentierte mehrere Praxisbeispiele zur erfolgreichen Nutzung von Wärmepumpen an Wasserkraftanlagen. Auch Otto Mitterfelner vom IB Mitterfelner stellte vier Erfahrungsberichte vor, die zeigen, wie Kleinwasserkraftwerke als Wärmequelle genutzt werden können. Die Flusswärmenutzung ist grundsätzlich an verschiedenen Bestandteilen einer Wasserkraftanlage möglich, erfordert jedoch standortspezifische Lösungen.

Vorhandene Wasserrechte erleichtern die Umsetzung, da Infrastruktur wie Wasserentnahme- und Wiedereinleitungssysteme sowie Rechenanlagen bereits existieren. Zudem kann der direkt vor Ort erzeugte erneuerbare Strom aus Wasserkraft für den Betrieb der Wärmepumpen genutzt werden.

Ein großer Vorteil ist die Nähe vieler Wasserkraftwerke zu Verbrauchszentren, insbesondere in urbanen Gebieten. Dies ermöglicht eine effiziente Einbindung in bestehende Wärmenetze für Wohn- und Gewerbegebäude. Die Kombination aus Strom- und Wärmeerzeugung macht Wasserkraftwerke zu multifunktionalen Energiedienstleistern. Besonders in Städten, wo alternative Wärmequellen wie Umgebungsluft schwer nutzbar sind, bietet Wasserkraft eine zukunftsweisende Lösung für eine nachhaltige Wärmeversorgung.

Von der Theorie zur Praxis

Die Veranstaltung verdeutlichte, dass die technischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Nutzung von Flusswärmepumpen gegeben sind. Um den Fortschritt voranzutreiben, müssen Forschungserkenntnisse konsequent in die Praxis übertragen und Projekte flächendeckend umgesetzt werden.

Die Nutzung von Flusswärme stellt eine klimaneutrale Möglichkeit dar, die Wärmeversorgung der Zukunft zu gestalten. Die vorhandene Infrastruktur von Wasserkraftwerken ermöglicht eine effiziente Umsetzung, während durch die Nähe zu Verbrauchern eine kostengünstige Einbindung in Wärmenetze realisiert werden kann. Flüsse zu nutzen, bedeutet nicht nur Energie zu gewinnen, sondern auch deren Temperaturregulierung positiv zu beeinflussen – eine Chance, die für den Klimaschutz und die Klimaanpassung genutzt werden sollte.

10.02.2025